Das multidimensionale Unterwäschefach

Spieltitel:             Das multidimensionale Unterwäschefach
Genre:                   Visual Novel (Ren´ai), Otome
Entwickler:           KamiyaSoft
Spielbar auf:        PC (per Steam)
Spielsprache:       Deutsch/Englisch
Release:                31. August 2016
Preis:                     22,99 €

Review-Gliederung (spoilerfrei!):

  1. Produktion & Story
  2. Grafik & Sound
  3. Gameplay
  4. Fazit

Inhaltangabe (von Entwicklerwebseite):

Hanas normales Leben steht plötzlich Kopf!
An ihrem emotionalen Tiefpunkt nach der Trennung von ihrem Ex angekommen, läuft auf einmal alles anders als erwartet: Ihre beste Freundin Kerstin will sie mit ihrem Sandkastenfreund Furio verkuppeln, ihre aufdringliche Nachbarin Blanche wird immer aufdringlicher, zwei Dämonen, Tymoteusz und Einar, treten in Hanas Leben, um ihre Seele zu fressen, und dann kommt auch noch Ex Jan zurück, um sich auf seine wahre Liebe zu besinnen.

Und dann öffnet sich in Hanas Unterwäschefach ein Tor zur Hölle …
Welcher Weg wird für Hana der richtige sein? Welcher führt ins Glück? Welcher in die Einsamkeit oder gar in den Tod? Wie Hana entscheidet, das entscheidest du!

  1. Produktion & Story

Für mich als Neuling im Otome-Genre hat sich nach einiger Recherche schnell ergeben, dass die Handlung um Hana und ihr aufgewühltes Liebesleben für ein klassisches Otome-Spiel absoluter Storystandard ist. Was auf dem japanischen Markt schon seit Jahren fester Bestandteil der Game-Szene ist, ist in Deutschland immer noch ein absolutes Randspartengenre und viele Hobbyprojekte entstehen so meist über Foren oder im engsten Freundeskreis und finden selten den Weg über einen öffentlichen Release. Umso schöner, dass sich das deutsche Entwicklerteam von KamiyaSoft getraut hat, ihr Herzensprojekt „Das multidimensionale Unterwäschefach“ bei Steam Greenlight zu registrieren und durch die Community entscheiden zu lassen, ob es bei Steam veröffentlicht werden soll. Und es hat funktioniert! Ausschlaggebend ist hierfür sicherlich auch die etwas anders aufgezogene Story: Das Spiel beginnt mit einem Prolog, in dem kurz die Leidensgeschichte der Hauptfigur Hana erläutert wird (von Freund getrennt, von Außenwelt und Freundeskreis isoliert, Antriebslosigkeit). Klingt erstmal nach normalem Novel-Standard… käme da nicht dieses Unterwäschefach ins Spiel! Durch Ihre Wäschekommode trifft Hana nämlich auf den Dämonen Tymoszeus, der durch ein Portal aus der Hölle in ihrer Unterwäscheschublade gelandet ist und alles auf den Kopf stellt. Auch durch die Einführung einiger skurriler Nebenfiguren, wie der etwas aufdringlichen Nachbarin Blanche oder dem eigenen Teddybären Einar, kann man bereits im Prolog erahnen, welche Richtung die Story einschlagen könnte. Auch der Erzähler, der die Rahmengeschichte mehr oder weniger sinnvoll kommentiert, entwickelt sich zur abwechlungsreichen Nebenfigur, die durch zwei weitere Figuren mehr und mehr zum heimlichen Fanliebling der Geschichte aufsteigt. Hat man den Prolog abgeschlossen, kann man sich zwischen insgesamt 5 verschiedenen Storylines entscheiden (noch nicht alle wurden freigeschaltet, die Letzte folgt im Februar 2017): der Fokus liegt jeweils auf einer anderen Figur, mit der Hana hauptsächlich zu tun hat und die Geschichte in eine komplett andere Richtung lenken kann. So kann man z.B. eine klassische Romanze mit einem alten Schulfreund, eine amüsante Comedystory mit dem Dämonen Tymoszeus oder sogar einen Psycho-Thriller mit dem Teddybären Einar spielen. Die Dialoge und Sprache im Spiel sind allgemein sehr gut verständlich und unterhaltsam gewählt, man merkt jedoch regelmäßig, dass das Skript an einigen Stellen verbal etwas zu steif bzw. nicht mit alltäglich gängiger Sprache geschrieben wurde. Außerdem mussten einige einzelne Begriffe mit einer kleinen Hilfestellung bei Bedarf erklärt werden (dies wurde vermutlich als humoristisches Gimmick vom Entwicklerteam eingebaut). Hier wäre es vielleicht einfacher gewesen, einen alltäglicheren Begriff zu wählen oder dem Spieler zuzutrauen, das Wort bei Bedarf einfach nachzuschlagen.

2. Grafik & Sound

Das Startmenü und sämtliche Optionsfenster sind simpel, aber gestalterisch schön und übersichtlich umgesetzt. Steigt man dann ins Spiel ein, können die handgezeichneten Figuren- und Hintergrundbilder definitiv überzeugen: viel Liebe zum Detail, ein angenehmer Zeichenstil und situationsabhängige Zeichnungen (gerade, was Gesichtsausdrücke angeht) schaffen eine schöne Spielatmosphäre. Als Bonus kann man sich sämtliche Zeichnungen nach dem Freispielen jederzeit in der Galerie anschauen. Auch der Spielbildschirm ist mit übersichtlichen Textboxen und wenigen, aber sinnvollen Icons absolut angenehm anzuschauen und man verliert so gut wie nie die Übersicht. Hier merkt man, dass die Entwickler neben dem Händchen für die Geschichte auch eins für die zeichnerische Gestaltung übrig hatten und sich hier mit viel Mühe ein ansehnliches Setting aufgebaut haben. Animationen oder bewegliche Grafiken sucht man vergebens, werden hier aber nach kurzer Eingewöhnung auch nicht wirklich vermisst. Zum Sound muss man anmerken, dass es lediglich einige variierende Hintergrundthemen gibt, die je nach Situation als Schleife eingespielt werden. Die Schleifen sind nicht immer rund, so sind bei einigen Themes die „Klebestellen“ des Loops deutlich zu hören. Sprachausgabe gibt es nicht, Soundeffekte findet man vereinzelt. Hier hätte man sich vielleicht etwas mehr Abwechslung gewünscht.

3. Gameplay

Das Spielprinzip ist ein altbekanntes: das Spiel erzählt dem Spieler seine Geschichte über diverse Textboxen, die zu bestimmten Charakteren gehören, wie in einem digitalen Roman (deshalb auch „Visual Novel“ genannt). Auf Dauer wäre das jedoch etwas langweilig, weshalb der Spieler aktiv in die Geschichte eingebunden wird: man bekommt an entscheidenden Stellen im Spiel meist mehrere Entscheidungmöglichkeiten, was die Hauptperson machen oder sagen soll. Je nachdem, welche Wahl man trifft, können verschiedene Ereignisse hervorgerufen, geändert oder übersprungen werden. Jede Entscheidung hat aktiven Einfluss auf den späteren Spielfluss und natürlich auch auf das Ende. „Das multidimensionale Unterwäschefach“ überschüttet den Spieler nicht mit Entscheidungsmöglichkeiten, hat sie aber an sehr markanten Stellen positioniert, die über Leben und Tod (im bildlichen Sinne!) entscheiden können. Denn damit es dem Spieler nicht langweilig wird, schwebt das ganze Spiel über ein bedrohlicher Death-Counter in eurem Spieldisplay herum. Trifft man eine „falsche“ Entscheidung, wird das nach einigen Zügen gerne mal mit dem Tod der Hauptfigur „belohnt“. In diesem Fall ist das Spiel vorbei und man beginnt wieder von vorne. Zum Glück kann man jederzeit im Spiel per Quicksave einen Speicherstand anlegen, den man auch jederzeit wieder neu laden kann, falls man mit der getroffenen Entscheidung nicht zufrieden ist. Die Entscheidungen untermalen auch den jeweiligen Ton der gewählten Spielroute, so kann z.B. auch die banale Entscheidung, ob man einen Keks oder eine Tüte Chips einkauft, spielentscheidend sein. Der Death-Counter soll zudem einen Anreiz darstellen, die Routen mehrfach zu spielen und so allen möglichen Änderungen und Ausgängen auf den Grund zu gehen. Das bietet durchaus eine Langzeitmotivation und wird so schnell nicht langweilig. Auch Spielerboni wie z.B. spezielle Achievements, das Finden aller Todesszenarien oder die zu sammelnden Belohnungsbilder sind hier definitiv ein Pluspunkt. Auch die stückchenweise Veröffentlichung der Routen trägt hierzu bei, sodass man sich alle paar Wochen mit einer neuen, abwechslungsreichen Spielroute beschäftigen kann.

Die Steuerung basiert ausschließlich auf der PC-Maus in Kombination mit diversen Buttons und anklickbaren Feldern, die zum Spielen benutzt werden müssen und klar als solche erkennbar sind. Negativ aufgefallen ist leider, dass zur Veröffentlichung des Spiels im August 2016 noch zahlreiche Bugs aufzufinden waren, die das Weiterspielen teilweise unmöglich gemacht haben (Textboxen sind nicht verschwunden, Entscheidungen waren nicht anwählbar oder endeten wieder im Startmenü). Das Entwicklerteam war jedoch mehr als hilfsbereit und ist auf jeden Bug, den man im Steam-Forum des Spiels gemeldet hat, eingegangen und hat diesen entsprechend korrigiert bzw. behoben. Solche anfänglichen Kinderkrankheiten kann man nie vollends ausschließen, hier sollte in Zukunft vielleicht eine ausführlichere Testphase mit Testspielern eingeplant werden.

4. Fazit

Mit „Das multidimensionale Unterwäschefach“ ist dem Entwicklerteam von KamiyaSoft eine liebevoll gestaltete und auch auf Dauer unterhaltsame Visual Novel gelungen, die mit typischen Schwächen eines solchen „Erstlingsprojektes“ zu kämpfen hat. Das Spiel ist sehr einsteigerfreundlich, kann aber sicherlich auch bereits Genre-erfahrenen Spielern viele interessante und spaßige Spielelemente bieten. Eine klare Empfehlung, man darf auf zukünftige Projekte gespannt sein. 🙂

(c) Beckman

Vielen Dank an KamiyaSoft für die Bereitstellung des Spieles zu Review-Zwecken.
Die Urheberrechte für alle hier veröffentlichten Texte, Grafiken, Ton- und Videodokumente liegen, soweit nicht anders angegeben, bei uns. Davon ausgenommen sind alle Originalmaterialien wie Screenshots, Covertexte usw., deren Urheberrecht natürlich bei den offiziellen Lizenzinhabern des Spiels liegt.

Das multidimensionale Unterwäschefach: (c) 2015 KamiyaSoft