Venedig

Name: Venedig
Englischer Name: Venice
Originaltitel: Venice
Herausgebracht: Frankreich: Editions Luios Vitton 2014
Deutschland: Carlsen 2017
Mangaka: Jiro Taniguchi
Bände: Einzelband
Preis pro Band: 29,90 €

Inhalt & Eigene Meinung
Ein Mann aus Japan reist nach Venedig. In dieser italienischen Stadt an der berühmten Lagune wurde fast 80 Jahres zuvor seine Mutter geboren. In ihrem Nachlass fand der Mann eine Box mit zahlreichen handbemalten Postkarten und anderen Erinnerungen an jene wenigen Jahren, in denen die kleine Familie in Venedig lebte. Nun wandelt der Sohn auf den Spuren ihrer Vergangenheit durch die Kanäle und Calle. Und er begibt sich auf Spurensuche nach seinem Großvater, einem Maler, der in der Lagunenstadt lebte und den er selbst nie kennengelernt hat. Und tatsächlich stößt der Suchende schnell auf die Spuren, die sein Großvater hinterließ: Gemälde, die er dem Wirt seiner Stammkneipe überließ, handgemalte Postkarten, eine Unterschrift im Gästebuch des Hotels oder Teile der Einrichtung einer Wohnung, in der er mal gelebt hat.

„Venedig“ ist Teil der Reihe „Louis Vitton Travel Books“, in denen Zeichner und Maler eine Stadt aus einem ihnen fernen Kulturkreis betrachten. Als eine Art grafisches Reisetagebuch bringen sie ihre Eindrücke in ihrem jeweils eigenen Stil zu Papier.

Welcher Mangaka könnte besser auf eine solche Reise mitnehmen, als der kürzlich verstorbene Jiro Taniguchi? Es sind nicht unbedingt die Stadtansichten Venedigs, die vielfach auch Postkartenmotive sein könnten. Denn alle Venezianer (und darüber hinaus viele Europäer) wissen: So leer wie auf diesen Ansichten ist die Stadt Venedig höchstens innerhalb der Wintermonate, wenn die Scharen an Touristen der Stadt den Rücken kehren und für einige Wochen Frieden einkehrt.

Taniguchi, der Meister der leisen Töne, schafft es nun mit seinem Werk, der Lagunenstadt diese Ruhe zurückzugeben. Gemächlich, fast ehrfürchtet streift der namenlose Mann durch die Stadt, verläuft sich, findet wieder den Weg und taucht tief ein in die Seele der Stadt.

Ob die Verbundenheit der Wasserstadt zum Bootsverkehr, die zahlreichen Kirchen, das jüdische Ghetto oder einfach der Blick aus einem Fenster über die Dächer der Stadt – sie alle kann der Lesende an der Seite und durch die Augen des japanischen Touristen sehen. Die vollfarbig abgedruckten Aquarellzeichnungen in Verbindung mit dem „Fotoalbum“-Querformat des Bandes untermalen die Grundruhe, die so typisch für die Werke dieses Mangaka ist. Hektik wird nur angedeutet, etwa durch ein riesiges Kreuzfahrtschiff in der Ferne.

Im Grunde hätte der Leser, abgesehen von ein paar erklärenden Worten am Anfang, überhaupt keine Texte gebraucht. Die Malereien sind selbsterklärend und in sich ruhend. Sie geben der Stadt Venedig ihre Würde zurück und wecken ironischerweise gleichzeitig die Lust eine Reise zu diesem kleinen Paradies zu unternehmen. Ein Paradies? Zumindest in Taniguchis Graphic Travel Book ist die Lagunenstadt nichts anderes. Und das ist vielleicht der größte Verdienst dieses Bands.

© Rockita

Venedig: © 2014:  Jiro Taniguchi  Editions Louis Vitton / Carlsen